Ich bin doch nicht krank!

Ich bin doch nicht krank! Da saß ich nun meiner Hausärztin gegenüber und erzählte ihr wie es mir geht. Schlafstörungen, dabei meine ich, ich kann schlecht einschlafen, schlafe unruhig und werde des öfteren wach. Ich habe vermehrt Kopfschmerzen. Komme morgens nicht aus dem Bett und bin auch tagsüber antriebslos. Tagsüber schlafe ich dann doch oft für meist nur kurze Zeit ein. Ich habe das Interesse an fast allen Dingen verloren. Hobbys, die mir wichtig waren, machen mir keinen Spaß mehr. Ich schaue auch kein Fernsehen mehr, ich lache nicht mehr noch weine ich. Anteilslos. Und Freunde? Ich bleibe zu Hause!

ein wenig erschöpft vielleicht

Ich kann mich nicht konzentrieren. Kann Dinge nicht mehr überblicken, bin an allem zu nah dran, kann nicht strukturieren oder priorisieren. Ich schwimme oder besser ich treibe. Abgeschlagen und kraftlos, ich fühle mich ausgepowert. Es fühlt sich aber nicht so an als sei ich krank. Ich denke, es geht mir eigentlich gut, ich habe sogar vermehrten Appetit. Essen geht, zu gut sogar.

Johanniskraut

Meine Hausärztin zieht mich erst einmal für zwei Wochen aus dem Verkehr. Ich soll mich mit den Dingen beschäftigen, die mir Spaß machen. Einen Tagesrhythmus soll ich mir suchen. Für den Schlaf und so, verschreibt sie mir Johanniskraut, was Pflanzliches. Doch auch nach zwei Wochen zeichnet sich keine Veränderung ab.

Zu den ursprünglichen zwei Wochen werden mir zwei weitere verschrieben. Johanniskraut wirkt nicht sofort, es muss etwas länger eingenommen werden, damit es seine Wirkung entfalten kann. Außer dem Umstand, dass ich die Tage mehr und mehr nutze um im Bett zu bleiben, dort dann ab und an eindöse, ändert sich nichts.

Tagesrhythmus

Ich habe zwar eine Art Tagesrhythmus, morgens stehe ich auf und drehe meine Runde durchs Haus. Das Bad ist die erste Anlaufstelle. Wer ist das nur im Spiegel? Dann das Esszimmer, um die Fressnäpfe unserer Katerchen einzusammeln, sie zu spülen und danach werden noch die Katzenklos gesäubert. Ein Kaffee und Frühstück. Das strengt an und ziehe mich aufs Bett zurück, Mails checken und das neueste auf YouTube. Und schon bin ich gefangen. Neuste Videos und eindösen. Ein Kreislauf.

Ein Blick auf die Uhr verrät, es ist Zeit. Zeit wofür? Keine Ahnung, ich fühle mich schlecht. Fühle ich mich schlecht oder habe ich ein schlechtes Gewissen? Ist das nicht egal oder das gleiche? Doch um mein Gewissen zu beruhigen stehe ich auf und gehe in die Küche. Ich könnte was kochen. Meine Frau kommt bald nach Hause und da wäre es angebracht, sie bekäme etwas zu essen. Später räume ich die Küche wieder auf und schon ist es Abend. Katzen versorgen. Feierabend, der Tag ist geschafft.

Eckpunkte des Tages

So schleppe ich mich tagein tagaus, von Katzen versorgen und Mittag kochen zurück ins Bett, oder die Couch, den Sessel – an Abwechslung soll es ja nicht fehlen. So bilden nur wenige Highlights des Tages, die Eckpunkte meines Lebens. Zumindest derzeitig.

Beim Vorhaben, was zu ändern, bleibt es meist. Als hätte ich in der Tat auf der linken Schulter ein Engelchen und auf der Rechten ein Teufelchen sitzen. Würde ich etwas empfinden, so wäre ich bestimmt amüsiert, wie beide versuchen mir zu helfen. Abzuwägen ob ich nun aufstehen, liegen bleiben oder mal raus gehen und frische Luft schnappen sollte. Spazieren gehen. Ich sehe dem Kampf der beiden teilnahmslos zu.

Abwärtsspirale

Nach all dem Hin und Her, dem Für und Wider, ist es Zeit, für den nächsten Eckpunkt, danach ist ja auch noch Zeit. Ich treibe, dabei habe ich nicht das Gefühl, dass es sich um klares Wasser handelt. Eher wie Moor. Ich komme da nicht raus. Im Gegenteil es zieht mich nach unten. Es hält mich fest. Wie eine Rolltreppe abwärts, alle Anstrengungen die ich versuche hinaufzukommen vergeblich. Als drehe ich mich im Kreis oder liefe auf der Stelle.

Bin ich krank?

Es ist anstrengend zu kämpfen. Ich bin müde. Die Kopfschmerzen sind zurück. Bin ich krank? Ich döse ein.

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